Gefühlvoll streichen mit Kraft – Der ausbalancierte Strich am Cello und Kontrabass

Da wir uns letzte Woche mit der generellen Thematik der Kraftübertragung des Bogens auf die Saiten des Instruments beschäftigt haben, möchte ich Ihnen heute einiges darüber erzählen, was dies alles für Konsequenzen an Cello und Kontrabass hat.

Zunächst einmal: Es geht ums gleiche Prinzip.

Genauso wie bei Geige und Bratsche halten wir am Cello und am Kontrabass auf ganz bestimmte Art den Bogen. Und ebenfalls bewegen wir den Bogen über die Saiten und damit unsere Hand beim Streichen abwechselnd vom Instrument weg und wieder darauf zu.

Und es geht ebenfalls um die gleiche Sache, wenn man sagen muss, dass man am Frosch den Arm entlastet, weil man dort das Armgewicht direkt auf die Saiten wirkt. Ebenso muss man feststellen, dass an der Spitze der Arm am weitesten vom Auflagepunkt des Bogens auf der Saite entfernt steht, und daher das Gewicht durch die Hebelkraft der Finger (welche das beim Kontrabass sind, wird sich unten noch herausstellen) auf die Saite übertragen werden muss.

Soviel zu den Gemeinsamkeiten. Aber was sind die Unterschiede?

Ich möchte Ihnen einmal berichten, wir es mir als Celloanfänger gegangen ist. Ich hatte im zarten Alter von 9 Jahren mit dem Geigenspiel begonnen und war darauf ganz gut durch die Grundlagen (also das Spiel in ungefähr 3 – 4 Lagen und entsprechender Bogentechnik) gekommen.

Nun wuchs in mir der Wunsch noch ein zweites Instrument dazu zu lernen. Das Cello hatte es mir ganz besonders angetan, und schon bald stellte sich heraus, dass das nun mein Hauptinstrument werden sollte.

Aber eines kann ich Ihnen sagen. Es mag vielleicht mit mangelnder Anleitung zu tun gehabt haben, aber mir tat 2 Jahre lang der rechte Arm beim Streichen weh.

Das Cello und natürlich noch mehr der Kontrabass haben bedeutend längere und auch schwerere Saiten und damit eine wesentlich größere Trägheit in der Ansprache.

Während Sie auf der Geige eher das Problem haben, mit Ihrem Armgewicht den Ton unter dem Bogen zu „zerdrücken“, kann es passieren, dass Sie beim Cello gerade in der oberen Hälfte und an der Spitze das Gefühl bekommen, so viel Gewicht gar nicht aufbringen zu können, wie die Saite nötig hätte um schwingen zu können.

Und als Gegenreaktion dazu kommen Sie daher sehr rasch an den Punkt, an dem Sie drücken, so fest Sie können. Und darüber verlieren Sie das Gefühl dafür, was es tatsächlich an Gewicht für die Ansprache der Saite braucht. Sie verlieren also das Gefühl für die Ansprache der Saite und spüren nur noch Ihren eigenen Arm.

Im Nachhinein betrachtet war dies genau der Punkt, der mich dazu brachte, im Arm Schmerzen beim Streichen zu haben. Ich hatte einfach keine ausgewogene Kraftübertragung auf dem Bogen zustande gebracht.

Wenn man aber nun diesen Fehler gleich am Anfang vermeiden will, dann sollte man sich zuerst klar machen, wie viel an Bogendruck es wirklich braucht, um eine Saite anzustreichen. Diese klar machen, ist aber nicht wirklich mit dem Kopf zu erfassen. Sie müssen schon ein Gefühl dafür bekommen, wie es ist, dieses Verhältnis von Gewicht des Arms auf dem Bogen und der Ansprache der Saite.

Erinnern Sie sich noch an den Blogartikel, in dem es über das Verhältnis von Bogengewicht und der Geschwindigkeit des Bogens ging. Dies wurde dann auch noch ins Verhältnis gesetzt zum Abstand des Bogens zum Steg.

Bogengewicht und -geschwindigkeit

Im Prinzip würde ich Ihnen raten, zunächst einmal die Saite recht nah am Griffbrett anzustreichen. Hier spricht die Saite relativ leicht an und sie können einmal ausprobieren, wie wenig Gewicht der Bogen auf der Saite haben muss. Es gibt immer eine optimale Geschwindigkeit, an der die Saite gut anspricht. Streichen Sie zu langsam, geht es mit dem Ton recht „quälerisch“ voran. Streichen Sie aber zu schnell, kann die Saite vom Bogen nicht mitgenommen werden. Sie könnten dies mit erheblich mehr Bogengewicht noch ein Stück weit kompensieren und die Saite trotzdem zum klingen bringen, aber das würde ich Ihnen im Moment nicht raten, da es auf die Dauer sehr anstrengend wird.

Nun versuchen Sie einmal diese Form der Ansprache auf den ganzen Bogen zu übertragen. Zunächst streichen Sie um die Mitte des Bogens herum. Hier werden Sie merken, dass Sie die Tonansprache zunächst am ehesten in der Hand haben. Nun versuchen Sie weiter an die Spitze zu streichen. Und wahrscheinlich werden Sie jetzt merken, dass es immer schwieriger wird, den Ton am klingen zu halten.

Hier muss nun Ihr rechter Ellbogen einsetzen und zusammen mit dem Hebel zwischen Zeigefinger und Daumen das Armgewicht auf den oberen Teil des Bogens übertragen. Heben sie also den Ellbogen umso weiter an, als Sie an die Spitze des Bogens kommen. Sie werden es merken, dass es nicht darum geht mit dem erhöhten Ellbogen sehr viel kraft auf das Instrument zu übertragen. Nein: das nötige Gewicht kommt auf das Instrument und der Arm kann dies trotzdem in Leichtigkeit ausführen. Das ist das Geheimnis der Sache.

Anders gestaltet es sich, wenn wir in die Gegend des Frosches kommen. Hier wird unser natürliches Armgewicht für die Ansprache der Saite zu schwer, weil es fast direkt auf den Auflagepunkt des Bogens wirkt. Hier ist es nötig, mit dem Ellbogen sehr tief zu spielen, um den Bogen zu entlasten. Wenn Sie den Ellbogen tief halten, wirkt ein Gegenhebel zwischen Daumen und dem kleinen Finger. Und dieser Hebel entlastet nun den Bogen auf seinem Auflagepunkt.

Spätestens jetzt ist aber der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie sich das Video ansehen sollten, das den Sachverhalt noch besser aufzeigen kann.

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Beim Kontrabass funktioniert die Sache wieder ähnlich, aber nicht gleich. Der Kontrabass hat noch schwerere Saiten, und außerdem steht er nahezu senkrecht auf dem Boden. Aus diesem Grund ist es also noch weniger das Armgewicht, was auf den Bass wirken kann, als die Kraft der Pronation im Arm.

Trotzdem ist es aufgrund der anderen Bogenhaltung eine sehr angenehme Sache, auf dem Bass zu streichen.

Auf dem Kontrabass können sie nahezu mit dem ganzen Bogen mit einem hängenden Arm spielen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Sie den Bass auf die richtige Höhe in Bezug auf Ihre eigene Körpergröße bringen.

Stellen Sie sich hierzu an den Kontrabass und sehen Sie einmal nach, ob es möglich ist, bei korrekt gehaltenem Bassbogen, den Bogen etwa in der Mitte zwischen Steg und Griffbrett genau quer zur Saitenrichtung zu halten, ohne sich dabei bücken, oder den Arm anwinkeln zu müssen.

Müssen Sie den Arm anwinkeln, ist der Bass zu hoch eingestellt, müssen Sie sich bücken oder leicht nach vorne neigen, ist der Bass zu tief für Sie eingestellt.

Haben Sie nun die richtige Höhe gefunden, setzen Sie den Bogen auf und „hängen“ Ihren Arm in den Bogen hinein. Dies geschieht dadurch, dass auch hier eine Hebelwirkung entsteht, diesmal zwischen Daumen und dem Ansatz des Zeigefingers. Das Hintere Ende der Bogenstange liegt zwischen Daumen und Zeigefinger und der Daumen liegt nun über der Bogenstange etwa über dem vorderen Ende des Frosches. So kommt auf sehr natürliche Weise eine Hebelwirkung zustande mit der man Gewicht auf den Bogen übertragen kann. Da hierbei der Arm nahezu in seiner natürlichen Ruhestellung (hängend, Handflächen dem Körper zugewandt) bleiben kann, haben Sie mit diesem Hebel ein enormes Kraftpotential.

Und auch hier tritt die gleiche Gesetzmäßigkeit auf, wie beim Streichen auf dem Cello. Je weiter sich der Frosch vom Auflagepunkt des Bogens auf der Saite weg bewegt, desto mehr steigt der Ellbogen. Dieses „Steigen“ ist allerdings aufgrund der senkrechten Haltung des Kontrabasses eher ein „nach außen Drehen“ des Arms. Aber auch dieses sehen Sie wahrscheinlich besser im Video.

Mit diesen kleinen Hinweisen wünsche ich Ihnen ein gelungenes und „stressfreies Streichen und Gestalten des Tones auf Ihrem Instrument.

Gutes Gelingen!

Felix Seiffert

14 Kommentare

  1. Hallo Felix,
    ich hatte mir leider angewöhnt, fast immer im sicheren mittleren Bereich zwischen Griffbrett uns Steg zu streichen.
    Um jetzt ein gutes Crescendo hinzukommen, habe ich nur versucht, mehr Bogen zu nehmen, dann war er aber bei mehreren gebundenen Noten zu kurz.
    Also versuche ich jetzt, im Crescendo (v.a. in höheren Lagen) nahe an den Steg zu kommen.
    Meine Frage dazu: wie gelange ich im Crescendo auf einem Bogenstrich aus Griffbrettnähe zum Steg, ohne dabei den Kontakt zur Seite zu verlieren, da ich ja in diesem Fall nicht gerade streichen kann?
    Viele Grüße
    Astrid

    • Felix Seiffert

      Hallo Astrid,

      Ein wichtiges Thema sprichst Du da an, das im Grunde ein Thema für einen ganz neuen Blogartikel ist. Kurz gesagt: du streichst absichtlich schief! Wenn Du beispielsweise im Aufstrich bist und den Bogen so hältst, dass der Frosch tief steht, also unten beim Steg. Dann wird der Bogen sich beim Streichen dem Steg annähern. Umgekehrt verhält es sich im Abstich: Wenn auch hier der Frosch tief steht, dann steht die Spitze hoch und zieht den Bogen nach oben aufs Griffbrett?

      Probier es einmal aus.

      ganz herzliche Grüße

      Felix

  2. Birgit Seefelder

    Guten Abend Felix,

    zum Bogenstrich am Cello hätte ich noch eine allgemeine Frage: Mit wie viel Bogenhaar sollte man normalerweise spielen? In einer Anfängerschule habe ich den Satz gefunden, man streiche nur mit der Kante der Bogenhaare, also mit dem Bogen leicht zum Cello geneigt. Es gibt aber auch die Anweisung, mit allen Haaren zu streichen. Oder hängt das davon ab, welche Saiten man spielt (C- und G-Saite haben ja eine schwerere Ansprache als D- und A-Saite) oder ob man einen leichteren oder volleren Klang erzielen möchte (dann wäre es ja eigentlich eine Sache der Interpretation, wie man das handhabt).
    Dankeschön für Ihre mühe und viele Grüße
    Birgit

    • Felix Seiffert

      Hallo Birgit,

      Es handelt sich hier tatsächlich um eine musikalische Geschmacksfrage. Voller klingt es immer, wenn mehr Haare auf der Saite liegen. So kann man übrigens auch mehr Gewicht auf dem bogen unterbringen. Allerdings würde ich nie empfehlen, alle haare gleichmäßig auf die Saite zu stellen. Ein klein wenig Kantung (Also die von Dir beschriebene Neigung des Bogens zum Cello) ist immer ratsam, da sonst die Saiten nicht richtig ansprechen.

      Aber sonst eben diese Regel je nach musikalischer Anforderung.

      Schwächere Kantung mit mehr Bogengewicht, dazu näher am Steg gestrichen ergibt den kräftigeren Ton.

      Ein stark gekanteter Bogen kann nur mit wenig Gewicht über die Saite gestrichen werden, sonst setzt die Stange auf. Lass ihn eher oben am Griffbrett streichen und Du erhältst den feinen leichten Ton.

      herzliche Grüße

      Felix

      • Birgit Seefelder

        Dankeschön für die schnelle Antwort – wie immer sehr erhellend! Ich werd’s gleich ausproboieren :-).

  3. Danke für die vielen Hinweise und (Hör- und Seh-) Beispiele, die mir helfen, mit meinem Cello zu wachsen.

    Ich möchte gerne fragen, woran ich erkennen kann, wann ich für mein Cello neue Saiten benötige. Ist es der Klang, die Ansprache des Bogens, …….worauf muss ich achten?

    • Das ist ein bisschen schwierig. In der Regel klingen Saiten dumpfer, wenn sie alt sind. Sie halten auch nicht mehr so gut den Ton, wenn man schneller drauf streicht. als Faustregel würde ich je nach Intensität des Spiels die Lebensdauer zwischen 1 und 2 Jahren ansiedeln.Oft hilft es aber auch, die Saiten mit Alkohol zu reinigen. Aber bitte nichts auf das Instrument tropfen lassen. Alkohol löst den Lack Deines Instrumentes auf.

      Das Andere. Oft braucht es gar keine neuen Saiten, sondern einen neuen Bogenbezug. Das kann man aber beim Geigenbauer einmal ansehen lassen.

      herzliche Grüße

      Felix Seiffert

  4. Frederic B.

    Ich finde ihren Blog wirklich großartig,
    zur Zeit wage ich meine ersten Schritte auf dem Cello.
    Und obwohl ihre Videos wirklich sehr hilfreich sind gibt es einen kleinen Störfaktor, in vielen der Videos ist ein sehr störendes „weißes Rauschen“ im Hintergrund, das könnte man mit einem Noise Gate sehr leicht entfernen.
    Und es würde ihre Videos noch etwas großartiger machen.

    Gruß
    Fred

    • Hallo Fred,

      schön, dass Ihnen diese videos gefallen. Sehen Sie sich doch einmal die neuesten Beiträge an, ich denke das Problem ist mittlerweile gelöst. Ich verwende eine ganz andere Tontechnik und ein Programm zur Tonbearbeitung mit Rauschunterdrückung. Wenn Sie bie den neuesten Videos immer noch finden, dass der Ton verbesserungswürdig ist, dann mailen Sie mich bitte an. Vielleicht muss man dann doch noch etwas verändern.

      Herzliche Grüße

      Felix Seiffert

      Her

    • Hallo Herr Henn,

      na, versuchen Sie es einmal. Allerdings sollen diese Blogbeiträge eher Anregungen sein, sie ersetzen keinesfalls einen wirklichen Unterricht. und stellen auch kein Trainingskonzept dar. Betrachten Sie die Beiträge eher als Spotlights, die auf bestimmte Zusammenhänge hinweisen.

      herzliche Grüße

      Felix Seiffert

  5. Jürgensohn

    Ein Kommentar zu Ihren Ausführungen
    die Gewichtswirkung des Armes ist an Frosch und Spitze gleich (wenn man gleich laut spielt bzw. die Kraft auf die Seite gleich ist). Unterschiedlich ist allein die Kraft zur Einkopplung des Gewichts in den Bogen, was über die Hand passiert. Das ist dann auch das einzige, was besondere Kraft beim Cellospielen erfordert (eventuell auch die Unterarmmuskeln) . Um die hohe Kraft des Gegenhebels im Daumen kommt man nicht rum. Die Krafteinleitung im Zeigefinger kann durch Sehnenanschläge erleichtert werden. Dazu auch das Ellenbogenhochheben, weil man da aus der muskelbasierten in die sehnenbasierten Krafteinleitung kommt

    • Vielen Dank für Ihre Ausführungen,

      man könnte es auch noch anders sagen: Die Gewichtskraft des Arms ist immer gleich groß. Je weiter der Auflagepunkt des Bogens auf der Saite allerdings von der rechten hand entfert liegt, desto mehr muss eine Kraftumleitung in Richtung auf diesen Punkt erfolgen. Dies wird in der Regel als kräftezehrend empfunden. Allerdings benutzen heir die meisten Streicher zu viel kraft, was Ihnen das Streichen an der oberen Hälfte des Bogens schwerfällig macht.
      Der Schlüsse liegt meiner Ansicht nach darin, dass man es lernt, den Arm zu heben und den Hebel zwischen Daumen und Zeigefinger sehr behutsam einzusetzen. so kann man zu einem sehr gefühlvollen aber doch kräftigen Ton kommen.

      herzliche Grüße
      Felix Seiffert

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