Sauber Greifen auf verschiedenen Saiten – wie geht das?

Sicherlich haben Sie schon einmal beim Spielen auf Ihrem Instrument die Erfahrung gemacht, dass Sie eine Passage oder ein Stück in der ersten Lage gespielt haben, und sich am Ende gewundert haben, dass Sie ab einem bestimmten Punkt nicht mehr sauber gegriffen haben.

Kennen Sie die Situation?

Sie wollen ein Stück spielen. Dafür stellen Sie zunächst Ihre Finger auf dem Griffbrett ein. Sie greifen beispielsweise einen Tetrachord, also die Griffkombination 0 – 1 – 2 – 3  auf den hohen Streichinstrumenten. Und je nachdem, wie die Halbtöne in dieser Griffkombination liegen, greifen Sie auf den tiefen Streichinstrumenten eine dem entsprechende Fingerfolge auf dem Cello wäre das beispielsweise 0 – 1 – 3 – 4 oder 0 – 1 – 2 – 4; am Kontrabass 0 – 1 – 4  oder 0 – 1  2.
Auf jeden Fall haben Sie nun auf einer Saite die Finger genau auf das Griffbrett gestellt und können sich nun darauf verlassen, dass Sie die entsprechenden Töne schon treffen, wenn Sie die Finger abheben oder auf das Griffbrett fallen lassen.

Aber wenn Sie das Stück, das Sie sich vorgenommen haben, anfangen zu spielen, werden Sie merken, dass es in dem Moment mit den sauberen Tönen schwierig wird, in dem Sie auf einer anderen Saite als der Ursprünglichen spielen wollen.

Das Thema, um das es heute gehen soll, ist die daher die Problematik des Greifens auf verschiedenen Saiten.

Sie können es sich, sofern Sie mit dem Spielen auf Ihrem Instrument bereits begonnen haben, bestimmt vorstellen, was es für ein Gefühl ist, Ihre vier Finger auf der D-Saite in der ersten Lage aufzustellen. Bei Geigen und Bratschen muss man vielleicht etwas Differenzieren und sagen: Sie stellen sich das Gefühl in der Hand in der ersten Griffart auf der D-Saite vor.
Wenn Sie nun einige Male die Tonfolge D – E – Fis – G auf Ihrem Instrument gespielt haben (am Kontrabass ist es nur die Folge D – E – Fis), werden sich Ihre Finger bestenfalls selbst auf die richtige Intonation (Tonhöhe) der Töne eingestellt haben. Falls dies noch nicht so sicher von alleine ging, hilft die Vorstellung, dass es klingen soll wie der Anfang von „Alle meine Entchen“. Aber am Ende haben Sie es geschafft: Ihre Finger stehen nun auf den richtigen Plätzen. Bei Cellisten nennt man das die erste Lage in der engen Griffart, beim Kontrabass die erste Lage und auf Geige und Bratsche geht es hier um besagte erste Lage in der ersten Griffart.

Bei diesem genauen Einstellen der Hand auf die erste Lage haben Sie verschiedene Dinge gleichzeitig getan. Sie haben sich intellektuell damit auseinander gesetzt, was für Noten Sie gerade spielen. Eventuell haben Sie nebenbei die Noten auch gelesen und sich somit das Notenbild eingeprägt. Sie haben sich ferner eine Vorstellung geschaffen davon, wie die Sache klingt. Sie haben ein Gefühl dafür erworben, wie Ganz- und Halbtöne nebeneinander klingen. Und Sie haben sich ein Gefühl erworben, wie sich die Sache in der Hand anfühlt. Sie haben ein Gefühl für die Abstände der Finger untereinander erworben.

Wenn Sie nun im nächsten Schritt das Gleiche auf einer anderen Satie tun wollen, wird es sinnvoll sein, wenn das Aufsetzen der Finger mit dem gleichen Spielgefühl in der Hand, mit dem gleichen Gefühl der Abstände der Finger untereinander geschehen kann.
Dies ist dann möglich wenn Sie es schaffen, die Hand als Ganzes so zu bewegen, dass die Fingerkuppen in der gleichen Fingerstellung über einer anderen Saite schweben können.
Lassen Sie also die Fingerstellung so wie sie ist und bewegen Sie mit der ganzen Hand, bzw dem ganzen Arm über eine andere Saite.

Und wie das genau funktioniert, zeigt das Video, dass Sie unten ansehen können.

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Fassen wir noch einmal zusammen:

Wieder einmal ist die Bewegung der linken Hand für die Saitenwechselbewegung von dem Grundsatz geprägt, dass die „grobe“ Bewegung der inneren Gliedmaßen (Oberarm) am ehesten geeignet ist, eine genaue aber feine Bewegung für den Saitenwechsel sinnvoll auszuführen.

Auf der Geige und der Bratsche führt der Arm dazu eine Pendelbewegung unter dem Hals des Instrumentes aus. Stellen Sei sich vor, dass der Daumen, auf dem der Hals des Instrumentes liegt, der Drehpunkt der ganze Einheit aus Arm, Hand und Fingern ist. Möchte man nun die Finger auf eine tiefe Saite stellen, hebt man die Finger etwas an und  bewegt den Ellbogen weiter unter dem Instrument durch, sodass die Finger über dieser tieferen Saite schweben. Lässt man sie nun wie gewohnt fallen, treffen sie in der Regel die Töne genau. Die Hand und die Finger mussten sich nicht verformen um auf der tieferen Saite zu spielen.

Am Cello geht es im Prinzip um die gleiche Bewegung wobei die Bewegungsrichtung eine andere ist. Das Instrument wird ja grundlegend anders gehalten und der Hals des Instrumentes steht sozusagen schräg im Raum. Will man dieser Ausrichtung des Halses und der Saiten Rechnung tragen, muss man sich die Bewegung des Ellbogens als eine Bewegung nach „Schräg vorne“ vorstellen. Wieder ist der Daumen unten am Hals der Drehpunkt der Bewegung. Wenn nun der Ellbogen nach schräg vorne wandert, bewegen sich die Finger automatisch auf die tiefere Saite hin. So ist es auch hier zu schaffen, dass die Finger auf einer anderen Saite die Töne wirklich sauber treffen. Die Bewegung der Hand verläuft genau quer zu den Saiten.

Und da der Kontrabass nahezu senkrecht im Raum steht, ist die Saitenwechselbewegung des linken Arms hier vor allem eine Bewegung nach vorne. Der ganze Arm dreht sich gewissermaßen um den Hals des Instrumentes herum. Die Finger kommen auf einer tieferen Saite zum Greifen, ohne ihre Krümmung oder ihre Abstände groß ändern zu müssen, wenn so der Arm die ganze Hand in die andere Position bringt.

Und nun wünsche ich Ihnen gute Experimente. Probieren Sie die Übung anhand eines Stückes oder einer Etüde einmal aus. Versuchen Sie die Armbewegung nicht übertrieben zu machen aber eben doch mit dem ganzen Arm. Wieder einmal zeigt es sich, dass hier die einfachste Bewegung, die mit dem innersten Teil der Extremität (also dem Oberarm) gemacht wird, diejenige ist, die uns am ehesten zum Ziel führt.

Felix Seiffert

 

2 Kommentare

  1. Monika Niedermayr

    Danke für die ständige Bewusstseinsbildung.
    Ich lerne als Erwachsene anders als ein Kind und mir helfen die Blogs sehr zum Bewußstmachen der verschiedenen Komponenten des hochkomplexen Spiels eines Saiteninstruments.

    • Hallo Monika,

      bitte bitte. ja es ist schon so. Man lernt das als Erwachsener mit einer anderen Sprache. Kinder lernen mehr intuitiv, nehmen an, was man ihnen vormacht. Das analytische Durchleuchten einer Sache kommt immer erst viel später.

      herzlichst

      Felix Seiffert

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