Wie Du mit diesen drei Methoden Dein Spiel in Fluss bringst

Klingt es bei Dir auch so, wenn Du Dein Stück zu Hause übst?

Du spielst Dein Stück, aber Du machst an bestimmten Stellen immer wieder einen Rückzieher. Du wirst langsamer, oder leiser: Du gehst an diesen Stellen vorsichtiger durch das Stück.

Du kennst das bestimmt.

Bezeichnen wir dies einmal als „Stop and Go“ Modus.

Wir alle haben diese Eigenart beim Spielen. Mehr oder weniger.

Das Resultat Deines Spiels ist dann eine „Performance“ die dem Stück nicht gerecht wird, aus der Du aber auch nicht so leicht heraus kommst. Das Stück hat einfach nicht sein Tempo und seinen Charakter

Ganz anders erlebst Du die Sache, wenn Du in einem Orchester spielst oder in einem Ensemble.

Hier läuft das Stück durch, zumindest bis der Dirigent abbricht. Das Orchester spielt im Tempo weiter ob Du dabei bist oder nicht. Du hast keine Chance an irgend einer Stelle langsamer zu spielen.

Was nicht im Tempo funktioniert in Deinem Spiel, das musst Du weg lassen. „Aussteigen“ nennt man das in der Regel. Ein Erlebnis, das in den meisten Schul- und Laienorchestern gang und gäbe ist. Spieler steigen aus, und da es genug andere Spieler gibt, die dabei bleiben, fällt die Sache auch nicht so gravierend auf. Man steigt halt wieder ein, und beim nächsten mal geht es besser und irgendwann läuft es sowieso.

Kann man daher sagen: Durchspielen lernt man im Ensemble? In gewisser Weise: ja!

Zumindest zwingt einen das Ensemble dazu, sich mit er Tatsache auseinander zu setzen, dass ein Musikstück ein Tempo hat, das man in der Regel durchhält.

Eine weitere Möglichkeit:

Hast Du schon einmal Noten gekauft, die eine Play Along CD dabei hatten. Hier hast Du ebenfalls die Gelegenheit, zu einer Begleitung zu spielen, die Dir nicht die Chance lässt, an schwierigen Stellen das Tempo zu drosseln.

Du merkst schon: man muss sich als Spieler tatsächlich zum Durchspielen ganzer Stücke bringen. (oder wäre „erziehen“ das richtige Wort?)

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Und diese drei wichtigen Tipps möchte ich Dir dafür ans Herz legen:

Tipp eins: Spiele einfache Stücke vom Blatt. (und sei es „Hänschen klein“)

Ja, Du hast richtig gelesen.

Dir geht es so wie allen Spielern. Du bist dabei, Dein technisches Repertoire zu erweitern. Du baust eventuell Dein Lagenspiel aus. Du wendest unterschiedliche Stricharten an, kommt in immer kompliziertere Dinge hinein.

Es macht Sinn für Dich, dass Du anhand von einfachen Stücken, genau das trainierst, was wir oben besprochen haben. Das Durchspielen und das Durchhalten eines Spieltempos.

Es macht Sinn, dass Du Fähigkeiten, die Du schon lange verinnerlicht hast, so weit zu verselbstständigen, dass Du sie jederzeit aus dem Ärmel schüttelst. Und das tust Du, wenn Du vom Blatt spielst.

Nimm ein Stück, das Du vielleicht kennst, oder das Dir so leicht erscheint, dass Du wohl durch kommst.

Lies das Stück durch. Du brauchst es zunächst noch gar nicht zu spielen. Geh das Stück im Geiste durch.
Erst danach spielst du das Stück durch und Du achtest darauf, dass Du in einem Tempo bleibst. Mach das jedes mal wenn Du anfängst Dein Instrument zu üben. Beginne die Übungseinheit damit.

Tipp 2: Mache das Tempo eines Stückes an der schwierigsten Stelle fest.

Du willst ja nicht immer leichteste Stücke spielen, sonder bist ganz bestimmt an einem Stück dran, dass Dir eine gewisse Herausforderung bietet. Besonders bei diesem Stück ist es ab einer gewissen Phase angesagt, dass Du das Durchspielen des ganzen Stückes trainierst.

Du übst an dem Stück, und bestimmt gibt es dabei Stellen, die noch nicht richtig laufen. Wende hier zum Beispiel die geteilte Übemethode an. Du solltest schon so weit kommen, dass Du die schwierigen Stellen durchspielen kannst.

Bevor Du nun an das Durchspielen des ganzen Stückes gehst, wäre es gut, wenn Du noch einmal die schwierigen Stellen durchgehst und Dir Gedanken machst, in welchem Tempo du Dich jetzt auch in diesen Stellen sicher fühlst.

Nimm nun genau dieses Tempo und spiele damit das ganze Stück durch. Wenn es Dir hilft, nimm ein Metronom zu Hilfe. Aber wundere Dich nicht, in welch langsamen Tempo du jetzt die Stellen spielst, die Dir leicht fallen.

Nimm es einfach hin. Du kannst später immer noch das Tempo des gesamten Stückes steigern. Wichtig ist im Moment, dass Du lernst, das Stück in einem Tempo durchzuhalten.

Manchmal wird Dir dies aber trotzdem nicht leicht fallen. Das Stück ist zu lang oder insgesamt zu schwierig, um es durchzuhalten.

Hierfür kommt jetzt mein wichtigster Tipp

Tipp 3: Übe in den Schluss hinein.

Diese Methode entstand auf der Erfahrung heraus, dass es sehr leicht passiert, dass ein Schüler ein Stück spielt und irgendwo in der Mitte einfach stecken bleibt. Man übt im Unterricht Woche für Woche an dem Stück, kommt aber nie richtig in den zweiten Teil des Stückes hinein.

Der Effekt: man kann schön den Anfang spielen, aber irgendwann versandet die Sache.

Wie ist dem nun beizukommen?

Stell Dir vor, Du bekommst stets beim Spielen das Gefühl, dass es zum Schluss hin immer leichter wird, das Stück durchzubringen. Dann wird es Dir doch ein Leichtes sein, auch bis zum Ende zu spielen.

Du gehst ganz einfach vor:

Übe zuerst den Schluss. Je nachdem wie schwierig für Dich die Schlusspassage ist, nimm eine kleinere oder größere Einheit. Nehmen wir zum Beispiel die letzten 8 Takte.

Übe sie, als wären Sie das ganze Stück. Forme sie richtig gut aus und freue Dich an der Musik, die Du da spielst. Bring den Abschnitt in ein gutes Tempo. Übe die Hürden, die in diesem Abschnitt stecken. Übe die Passage genauso intensiv, wie Du das zuvor mit dem Schluss getan hast.

Und jetzt kommt der wichtigste Punkt: Wenn Du diesen Abschnitt spielen kannst, verbinde ihn mit dem Schluss. Spiele beide Abschnitte hintereinander weg.

Merkst du etwas?

Du verbindest das neu Geübte mit dem schon Bekannten. Den Schluss wiederholst Du bei dieser Gelegenheit stillschweigend mit. Er vertieft sich mit jedem Übedurchgang.

Wie geht es weiter?

Du weißt es bestimmt. Du nimmst Dir wieder den nächsten Abschnitt, also den, der vor dem zuletzt Geübten steht

Und so ist ein Übeschema entstanden. Du übst der Reihe nach jeden Abschnitt, und verbindest ihn dann mit dem zuvor geübten Schluss des Stückes. Und so geht es immer weiter bis Du an den Anfang des Stückes kommst.

Und was ist das Resultat?

Je weiter Du beim Üben durch das Stück kommst, desto bekannter wird Dir die Sache. Den Schluss kannst Du am allerbesten, den hast Du schon am meisten geübt.

Und so schaffst Du es, dass Du das Gefühl bekommst, mit Leichtigkeit durch das ganze Stück zu kommen, schließlich wird es ja zum Schluss hin immer bekannter und leichter.

Lieber Leser,

in diesem Blog kann ich Dir nur dann dir richtigen Tipps geben, wenn ich weiß, wie Du mit dem Spielen zurecht kommst.

Sei doch so gut und schreibe Deine Anliegen als Kommentar unter diesen Artikel. Wo hängt es bei Dir mit dem Üben.

Herzlichen Dank für Deinen Kommentar.

p.S.: Du hast es gemerkt, ich spreche Dich auf einmal mit „Du“ an. Je mehr ich mir den Blog anschaue, desto mehr fällt mir auf , wie unpersönlich doch dieses „Sie“ im Blog ist. Und in den Workshops ergibt sich auch immer ein Du miteinander. Ich finde es einfach direkter, persönlicher. Fühle Dich also direkt an die Hand genommen, zusammen wollen wir ergründen wie man immer leichter zum gelungenen Instrumentalspiel findet.

herzliche Grüße

Felix Seiffert

4 Kommentare

  1. Lieber Felix,
    Wiedermal herzlichen Dank fuer die Uebungsratschlaege, sie sind alle nuetzlich! Es klingt fast so als kaemmte man einen verfilzten Pelz Stueckchen fuer Stueckchen durch, und dann faehrt man mit dem Kamm durch das seidenglatte Haar.
    Immerwieder lernt und entdeckt man Neues, auch wenn es manchmal scheint als verloere man schon ge-Uebtes.
    Ich habe heute morgen die Bach Sonaten auf der Geige geuebt, die ich vor vielen Jahren mal geuebt habe, und konnte mich wirklich freuen wieviel besser alles ging, obwohl ich sie garnicht in letzter Zeit geuebt habe. Aber nicht nur das flotte Spielen, es ist alsob mir die musikalischen Zusammenhaenge auch zufallen, einfach dadurch dass ich mich viel mit Musizieren beschaeftige. Leider zu wenig ensemble.

    Liebe Gruesse
    C

    • Liebe Cornelia,

      das Bild mit dem Pelz finde ich gut. Es ist schon wirklich so, dass manches wie zunächst undurchdringlich scheint. Am Ende wenn man einen Teilbereich herausgebracht hat, wirkt es sich aber dann doch auf das ganze Geschehen aus.

      Viel Freude und Erfolg weiterhin beim Geigen

      Felix

  2. Anke Kondla

    Lieber Felix,

    Einmal mehr herzlichen Dank für die wirklich praxisnahen und gut umsetzbaren Tipps im Blog! Der Hinweis, zum Ende hin zu lernen, leuchtet mir ein: so habe ich schon als Kind Gedichte auswendig gelernt. 😉

    Bei meinem Spiel erscheint mir immer wieder eine (vermutlich?) Variante des ungleichmäßigen Tempos: ich spiele wie jemand, der mit langer, langer Bügelsäge einen dicken Holzstamm durchsägt: ratsch-auf, ratsch-nieder, ratsch-auf, ratsch-nieder… Ohne einen harmonischen, melodiösen Lauf. Hast Du auch hierfür einen Tipp für mich.

    Vielen herzlichen Dank schon jetzt und viele Grüße,

    Anke

    • Liebe Anke,

      was Du da ansprichst ist eine Frage der Geschwindigkeit des Bogens. Zunächst ist der bogen einmal im Aufstrich genau so lang wie im Abstrich. Und da der Mensch dazu neigt, immer gleiche Bewegungen hin und zurück zu machen, kommt am ehesten ein Rhythmus von lauter gleich langen Noten heraus. Wenn Das Stück aber einen anderen Rhythmus verlangt, musst du Dich mit der Geschwindigkeit der einzelnen Bogenstriche auseinandersetzen. Die kann logischerweise bei jedem Ton anders sein. Eine längere Note wirst Du langsamer streichen müssen als eine Kurze, wenn Du die gleiche Menge an Bogen dafür verwenden willst. Im Einzelnen musst Du also selbst danach sehen, und vor allem etwas streng mit dir selbst sein und es Deiner Streichhand nicht erlauben, einach nur hin und her zu streichen, egal wie der Rhythnus geht. Aber tröste Dich. Damit haben die allermeisten Spieler in den ersten Jahren zu schaffen.

      herzliche Grüße

      Felix

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