Wie wird das Spiel endlich sauber? Der unabhängige 2. Finger

Sicherlich sind Sie beim Spiel auf der Geige oder der Bratsche schon darauf gestoßen, dass Sie gemerkt haben, wie schwierig es doch ist, einmal mit dem hohen und einmal mit dem tiefen zweiten Finger zu spielen.

Sie kennen das bestimmt! Sie spielen ein Stück, beispielsweite in G-Dur. Jetzt sollen Sie auf der D-Saite ein fis’ greifen. Das fällt Ihnen überhaupt nicht schwer, denn schließlich greifen Sie hier mit dem hohen zweiten Finger in der ersten Griffart, einer Greifweise, mit der Sie vermutlich mit dem Geigenspiel begonnen haben.

Ganz anders sieht die Sache allerdings aus, wenn die Melodie auf der A-Saite weiter geht, und Sie dort die Töne h’, c’’ und d’’ spielen müssen. Auf einmal brauchen Sie den tiefen zweiten Finger; Sie haben einen Halbtonschritt zwischen dem h’ und dem c’’ also zwischen dem 1. und 2. Finger. Man nennt diese Greifweise die „zweite Griffart“.

Oft höre ich bei Schülern, dass diese Unterscheidung zwischen den Griffarten nicht wirklich hörbar getroffen wird. Man hört oft Zwischen Töne, die zwischen f’ und fis’ liegen oder zwischen c’’ und cis’’.

Dies sollte Grund genug sein, dass wir uns einmal eingehend mit der selbstständigen Beweglichkeit dieses 2. Fingers beschäftigen.

Wenn wir mit unserer Hand einen Gegenstand greifen, ist es eher ihre normale Funktion, mit allen Fingern gleichzeitig zuzugreifen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie nehmen einen Apfel in die Hand. Dann haben Sie genau diese Funktion der Hand vor Augen.

Das Greifen auf einem Griffbrett eines Saiteninstrumentes hingegen fordert einen wesentlich differenzierteren Gebrauch der einzelnen Finger, wie man sich denken kann. Einzelne Finger millimetergenau auf eine Saite zu setzen, erfordert daher wirkliches Training.

Dieses Training zielt zum Einen auf die Kraft und die Dehnbarkeit der Finger ab. Ja man darf sich wirklich vorstellen, dass man auf den verschiedenen Instrumenten teilweise richtig Kraftarbeit zu leisten hat. Und zwar kann man ganz pauschal sagen, dass man in den Fingern umso mehr Kraft braucht, je größer das Instrument ist, das man gerade spielt. Wer einmal das Glück gehabt hat, alle vier Streichinstrumente vor sich zu haben und darauf etwas herum zu probieren kann das bestätigen. Auf einem Kontrabass die Saiten auf das Griffbrett nieder zu drücken ist eine ganz andere Sache als auf der Geige.

Gleichzeitig, ist es aber zweck der Übung, beim Greifen geschmeidige Finger zu behalten, die sich fein in ihrer Stellung korrigieren lassen und am Ende sogar vibrieren, trillern und leichtgängige Lagenwechsel fabrizieren. All dies schafft ein kräftiger Finger leichter, als ein Schwacher.

Ein Weiteres ist die Dehnbarkeit der Finger. Wir müssen bestimmte Tonabstände zwischen den Fingern bewerkstelligen. Besonders auf Geige und Bratsche ist es nötig, zwischen den Fingern verschiedene Abstände zu erreichen. in der Regel sind das Ganz- und Halbtonabstände die auf diesem Instrumenten zwischen den Fingern liegen.

Unser Training sollte daher auf beides abzielen: Beweglichkeit der Finger allgemein und Unabhängigkeit im Aufstellen der Finger auf verschiedenen Positionen.

Sehen Sie sich einmal im Video an, wie man das macht.

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Und so funktioniert die Übung im Einzelnen:

Trainieren Sie zuerst nur den 1. und 2. Finger. Richten Sie dafür zuerst den 1. Finger auf seinem Platz (D-Saite, Ton e’) ein und verschaffen Sie ihm einen guten Stand. Jetzt wird dieser Ton zuerst mit dem hohen 2. Finger abgewechselt und danach mit dem Tiefen. (unten finden sie ein kleines PDF Blatt mit den entsprechenden Noten für Geige und Bratsche) Heben Sie dabei den 2. Finger möglichst hoch über das Griffbrett und lassen Sie ihn von dort oben auf die Saite fallen. Das Heben des Fingers macht das Treffen der Töne zunächst schwerer, verbessert dadurch aber enorm die Treffsicherheit. Außerdem wird durch das Heben der Finger die Beweglichkeit sowie die Spreizfähigkeit gestärkt.

In einem zweiten Schritt stellen Sie nun den korrekten Abstand zum 3. Finger her. Sie spielen dazu eine kleine Tonleiterübung, die ausgehend von der leeren Saite die Finger 1, 2 und 3 nacheinander aufstellt. Vervollständigt wir diese Übung durch das Abwechseln von 2. und 3. Finger. Dabei spielen Sie zunächst auch wieder mit dem hohen 2. Finger. Als Tonabstände zwischen den einzelnen Fingern haben Sie daher einen Ganztonschritt zwischen der leeren Saite und dem 1. Finger. Der 2. Finger steht zum 1. ebenfalls im Ganztonabstand. Und schließlich steht der 3. Finger zum 2. im Halbtonabstand. Diese Greifweise dürfte Ihrer Hand recht entgegen kommen.

Weniger angenehm ist die zweite Fingerfolge, die nun an die letzte Übung anschließt. Spielen Sie die gleiche Fingerfolge, aber diesmal mit dem tiefen 2. Finger. Es entsteht so ein Halbtonabstand  zwischen 1. und 2. Finger. Zwischen dem 2. und dem 3. Finger haben Sie nun einen Ganztonabstand. Spüren Sie die Spannung zwischen diesen beiden Fingern? An diese Spannung müssen Sie sich gewöhnen. Versuchen Sie Ihre Hand und Ihren Arm so zu stellen, dass das ohne große Mühen gelingt. Achten Sei im Besonderen darauf, dass Ihr Handrücken mit dem Unterarm eine Linie bildet. Jeglicher Knick im Handgelenk, macht die Sache nur schwieriger.

Und die Quintessenz dieser Übung ist die Kontrollübung, bei der versucht wird, den 2. und den 3. Finger gleichzeitig aufzusetzen, jeden auf seinem Platz. Die Fingerfolge ist 1-3-2-3. Setzen Sie den zweiten Finger unbedingt zusammen mit dem Dritten auf. sie spüren das gemeinsame Aufklopfen der beiden Finger. Und wenn nach dem dritten der zweite Finger gespielt wird soll er auf seinem Platz stehen. Und auch diese Übung wird einmal mit dem hohen und einmal mit dem tiefen zweiten Finger gespielt.

Und hier finden Sie das Übungsblatt jeweils für die:

Geige

Bratsche

Diese Übungen bringen Ihnen die Grundbeweglichkeit und die Unabhängigkeit des zweiten Fingers bei. machen Sie diese Übung bitte auf allen Saiten, und wenn sie bereits Lagen spielen, dann wandeln Sie die Übung doch auch so ab, dass sie im Prinzip in jeder Lage gespielt werden kann. sie werden merken, dass Sie auf diese Weise einen deutlichen Fortschritt in Ihrem Spielen machen werden.

Alles Gute bei Ihren Übungen

Felix Seiffert

6 Kommentare

  1. Ich kämpfe gerade mit diesem vermaledeiten 2. Finger in seinen zwei Stellungen. Deine Übugungen finde ich hervorragend zielführend. Allerdings finde ich die bereitgestellten Übungsblätter nicht ! Kann es sein, daß sie nicht mehr existieren ?

    • Felix Seiffert

      Hallo Wolfgang,

      vielen Dank für den Kommentar. Man prüft immer wieder die Seite und doch schleichen sich mnmti der Zeit Fehler ein. Schau mal jetzt auf die Links. Jetzt funktionieren sie.

      herzlichen Gruß, Felix Seiffert

  2. Dieser Beitrag ist ja sooo wertvoll. Zeigt er doch auch einem nicht völligen Anfänger wie mir, dass es, um gelöste und freie Finger zu erreichen, äußerst wichtig ist, den tief gesetzten zweiten Finger extra zu betrachten und zu üben. Nach dem Hören und Lesen dieses Beitrags ist mir erstmal so richtig aufgefallen, was ich schon jahrelang für unterstützende Ausgleichsanstrengungen mit dem Daumen und auch mit dem Ringfinger betreibe, um den 2. Finger tief setzen zu können. Anstatt den 2. Finger zu üben, sich selbständig und gelöst vom Rest der Hand da hin zu bewegen, wo er hin soll. Und er hat mir gezeigt, dass das tatsächlich ein generelles Problem ist und nicht nur ich mich dumm anstelle. Vielen Dank!

    • Felix Seiffert

      Lieber Franz,

      man sollte niemals denken, dass man sich dumm anstellt, wenn es sich um ein anatomisches Problem handelt. Der 2. Finger für sich selbst hat es gar nicht schwer, mal nah und mal weit vom 1 Finger zu stehen. Tricky wird die Sache erst, wenn der 3. Finger ins Spiel kommt. Hier solltest Du daran üben, dass der 2. Finger unabhängig wird. Einen Ansatz davon zeigt Dir ja das Übungsblatt, das im Blogartikel verlinkt ist. Aber auch mit anderen Übungen und Etüden würde ich die Sache üben.

      ganz herzliche Grüße

      Felix

    • Ach, der ist doch nicht „böse“. Aber es braucht schon eine gewisse Zeit, bis sich die Vorstellung eines sauber gegriffenen Tons wirklich zur Realität wird und man auch wirklich das Gefühl im Finger kennt, wenn er hoch oder tief spielt. Und das dauert eben ein bisschen.

      Viel Freude beim Üben wünscht

      Felix Seiffert

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